BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION IN DER REPUBLIK ÖSTERREICH
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16 Februar / 2022

Die Replik des Pressesprechers der Botschaft Russlands in Österreich auf den Gastkommrentar der US-Botschafterin in Wien in Die Presse

Wer rüstet denn auf, Ihre Exzellenz?



Die Tür zur Diplomatie ist offen“ – ein schöner Titel des Gastbeitrags der neuen amerikanischen Botschafterin in Österreich, Victoria Kennedy, zur aktuellen sicherheitspolitischen Lage in Europa (12.2. 2022). Hoffentlich ist das ernst gemeint, denn die Handlungen der US-Administration belehren uns zurzeit eines Besseren.

Zu den von Frau Botschafterin angesprochenen Fakten: Die hunderttausend auf russischem Staatsgebiet einquartierten russischen Soldaten sind natürlich immer eine Erwähnung wert und bereits zu einer Art Mantra des Westens geworden. Nicht aber die Stärke der ukrainischen Truppen oder militanten Einheiten an der Kontaktlinie im Donbass, die fragliche Kontrolle darüber, die Tonnen an Militärgerät und Munition, mit denen die USA und einige ihrer Alliierten die Ukraine zurzeit volldröhnen, oder die Nato-Truppen, die direkt an Russlands Grenzen stationiert sind und gerade fleißig aufgestockt werden. Die Aufzählung könnte man noch lang fortsetzen.

Und ausgerechnet die offizielle Vertreterin der USA spricht von militärischer Aufrüstung! Fakt ist, dass die US-amerikanischen Militärausgaben 2020 laut dem Stockholmer Institut Sipri 778 Milliarden Dollar betrugen, die russischen hingegen läppische 62 Milliarden – zwölf Mal weniger! Wer rüstet denn in Wirklichkeit auf, Ihre Exzellenz?

Nun zu den genannten „Aggressionsmustern“: 2009 veröffentlichte die unter der Ägide der EU berufene Untersuchungskommission unter der Leitung der Schweizerin Heidi Tagliavini einen Bericht, laut dem die Aggression gegen die Zivilbevölkerung und in Südossetien stationierten russischen Friedenstruppen von Georgien ausging, es war also kein „Einmarsch“, sondern Selbstverteidigung. Die Botschafterin hat leider auch vergessen zu erwähnen, dass der Angriff der Saakaschwili-Truppen just nach dem Bukarester Nato-Summit von 2008 erfolgt war, bei dem Georgien (und der Ukraine) eine Mitgliedschaft in der Nato versprochen worden war.

Zur Krim ist bereits so viel geschrieben worden, man will sich nicht wiederholen. Nur eine Klarstellung: Die Bevölkerung der Halbinsel hat ihre freie Wahl getroffen und ist stolz darauf. Wieso gilt denn hier nicht, eine der „heiligen Regeln“, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Nationen, zu respektieren?

Kampagne gegen Russland

Die jetzige prekäre sicherheitspolitische Lage in Europa ist vor allem der kurzsichtigen aggressiven Haltung der USA und ihrer Nato-Verbündeten gegenüber Russland geschuldet. Der Sicherheitspolitische Dialog mit dem Westen, wie Russlands Außenminister, Sergej Lawrow, es anhand jüngster Beispiele treffend formuliert hat, ähnelt dem „Gespräch eines Stummen mit einem Tauben“. Man will die russischen Bedenken und Vorschläge einfach nicht wahrnehmen. Statt Argumente und klarer konkreter Antworten gibt es ausschließlich unbegründete Anschuldigungen, Sanktionsdrohungen und eine präzedenzlose Hetzkampagne gegen Russland in den westlichen Medien.

Die gepriesene „internationale Ordnung, basierend auf Regeln“, stellt ausschließlich den Versuch der US-Administration dar, sich die Welt nach eigenem Belieben zurechtzurücken, eigene „Regeln“ ungeachtet der geltenden Völkerrechtsnormen aufzuzwingen. Wie gut das funktioniert, können etwa die Bürgerinnen und Bürger von Afghanistan, dem Irak, Libyen und Syrien erzählen.

Nichts desto weniger bleiben Verhandlungen der einzige Ausweg, denn gerade von unserer Seite bleibt „die Tür zur Diplomatie offen“. Man muss sie nur wirklich betreten wollen.

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