Der Beitrag von Botschafter Russlands in Österreich Dmitrij Ljubinskij "Geeint für eine gerechte Welt"
Der Beitrag von Botschafter Russlands in Österreich Dmitrij Ljubinskij
Geeint für eine gerechte Welt
Das BRICS-Gipfeltreffen in Südafrika am 22.-24. August hat zurecht großes Echo in den österreichischen Medien gefunden. Die strategische Bedeutung der in Johannesburg getroffenen Entscheidungen für die Weltentwicklungsprozesse hat allerdings die Mehrheit westlicher Experten überrascht. Was zu groben Misinterpretationen und irreführenden Bewertungen geführt hat. Da Russland ab 1. Jänner 2024 verantwortungsvoll den Vorsitz in der BRICS übernimmt, die ab diesem Datum um sechs neue Mitglieder –Ägypten, Argentinien, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate- erweitert wird, erlaube ich mir einige prinzipielle Fragen klarzustellen.
Bei der hiesigen Berichterstattung über den Johannesburg-Gipfel kam es leider zu einigen Fehleinschätzungen bezüglich der Ziele und Werte dieses Bündnisses. So wurde es vor allem pauschal als eine gegen den Westen gerichtete Vereinigung oberflächlich bezeichnet, eine Art „Anti-G7“.
Die BRICS ist trotzdem grundlegend gegen niemanden gerichtet. Es ist eine Vereinigung souveräner aufstrebender Länder, die sich die Gestaltung einer neuen gerechteren multipolaren Weltordnung, sowie die Festigung der globalen Sicherheit als primäres Ziel gesetzt haben. Alle Mitgliedstaaten stehen für die Einhaltung der Prinzipien des Völkerrechts unter maßgeblicher Rolle der UNO (nicht zu verwechseln mit den westlichen von niemanden definierten „Regeln“), sowie die Unzulässigkeit des Diktats und von einseitigen Druckmitteln, von wem auch immer sie kommen.
Gerne und oft wird auch darüber gelästert, wie unterschiedlich die BRICS-Mitgliedstaaten seien, dass sie zu vielen Fragen auseinandergehende Meinungen, Interessen und Visionen hätten. Solcher Blickwinkel erscheint mehr als inkorrekt. Herrscht denn in der EU zu allen Fragen (Stichwort Migration z.B.) Einstimmigkeit? In der Vielfalt von BRICS Staaten liegt die besondere Kraft, wenn sie denn dem Allgemeinwohl dient und sich nicht blind dem Diktat eines einzigen Zentrums innerhalb der westlichen Gemeinschaft auch im Sinne des Neokolonialismus unterwirft. Was es in der BRICS sicherlich nicht gibt, ist die absolute Vorherrschaft des Stärkeren. Alle Länder sind im wahrsten Sinne des Wortes gleichberechtigt. Ein tiefer Unterschied besteht auch darin, dass die Bestrebungen und die Arbeit in der BRICS-Runde nach konstruktiver und nicht konfrontativer Agenda ablaufen, ohne Abgrenzung und unter gegenseitigen Berücksichtigung der Interessen aller Mitgliedstaaten. Also Freundschaft und Zusammenarbeit nicht gegen jemanden, sondern für eine gemeinsame Weltanschauung, die Vorstellung von einer gerechteren Weltordnung.
Die BRICS, die schon einen langen Weg hinter sich hat, hat ihre Beständigkeit und Nützlichkeit bewiesen und sich zu einer umfassenden strategisch gerichtete Partnerschaft entwickelt, die auf drei Säulen ruht – Politik und Sicherheit, Wirtschaft und Finanzen, Kultur und humanitäre Verbindungen.
Das Gewicht der BRICS ist nicht mehr zu übersehen: die 2006 ins Leben gerufene Vereinigung wächst stetig und wird nach der neuesten Erweiterung bereits elf bedeutende Länder zählen – das sind mehr als 30% der Erdoberfläche, mehr als 40% der Weltbevölkerung, 37% des gesamten BIPs, sowie 17% der gesamten Goldreserven unter anderem. Für viele internationale Mitspieler ist die BRICS-Staatenmannschaft gerade die positive treibende Kraft, die zu einer Festigung der Solidarität zwischen Ländern des globalen Südens und Ostens beitragen kann und es bereits tut. Eben deshalb sind so viele Kandidaten-Länder –weit über zwanzig- an einem Beitritt interessiert. Und dieser Erweiterungsprozess wird eben fortlaufend fortgesetzt.
Heute gewinnt die Partnerschaft innerhalb der BRICS an Dynamik. Die Vereinigung bietet der Welt kreative, zukunftsweisende Initiativen, die darauf gerichtet sind, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, die Ernährungs- und Energiesicherheit zu gewährleisten, ein gesundes Wachstum der Weltwirtschaft sicherzustellen, Konflikte zu lösen und den Klimawandel zu bekämpfen, auch in Hinblick auf eine gerechte Energiewende. Die Abschlusserklärung des Gipfels in Johannesburg enthält insgesamt 94 Punkte, es lohnt sich hinzublicken.
Zur Lösung dieser Aufgaben wurde ein breites System von Mechanismen entwickelt: die auf russische Initiative gebildete BRICS-Plattform für Energieforschungen, das BRICS-Zentrum für Impfstoffforschungen, die BRICS-Strategie zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit, um nur einige zu nennen.
Ein wichtiges Resultat der Zusammenarbeit der BRICS-Gruppe ist die Gründung der multilateralen New Development Bank mit einem Gesamtvolumen von 200 Milliarden Dollar. Stand Jänner 2023 finanzierte die Bank bereits 83 Investitionsprojekte auf eine Gesamtsumme von mehr als 30,1 Milliarden Dollar. 2020 startete die Bank ein Programm zur Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-Krise im Umfang von 10 Milliarden Dollar.
Der Vorsitz Russlands in der BRICS 2024 wird unter dem Motto „Festigung des Multilateralismus für eine gerechte globale Entwicklung und Sicherheit“ stehen. Zu unseren Schwerpunkten gehören dabei die Terrorismusbekämpfung, die Bekämpfung von Geldwäsche und Rückführung von verbrecherischen Aktiva. Weitere Prioritäten werden die Partnerschaft in den Bereichen Wissenschaft und Innovation, Gesundheit und Bildung sein.
Russland ist stets bereit auch weiterhin eine enge umfassende Zusammenarbeit mit allen Partnern in der Vereinigung fortzusetzen und ihren Beitrag zur Festigung ihrer Rolle zu leisten – für eine bessere Welt.
Man kann bereits auf den nächsten BRICS-Gipfel in Kasan im Herbst 2024 gespannt sein!